Eine Einführung in das User Experience Design samt Ausblick.
Usability ist wichtig. User Experience Design ist wichtiger. Doch was ist das überhaupt und wie hängen User Exprience Design und Usability zusammen?
User Experience (UX) bedeutet Nutzererleben. Entsprechend der DIN ISO 9241-210 ist unter User Experience das Gefühl der Anwender zu verstehen, das sie einem Produkt vor, während und nach der Nutzung entgegenbringen. Die Usability (engl. für Gebrauchstauglichkeit) eines Produktes hingegen ist einer von mehreren Aspekten, welche das Nutzererleben beeinflussen.
Hohe Usability vermeidet negative User Experience
Lassen Sie uns die Konsequenzen dieser UX Definition an einem Beispiel betrachten. Stellen Sie sich vor, wir hätten zwei Anwender. Der eine bedient Produkt A, das sich durch eine hohe Usability auszeichnet. Der andere bedient Produkt B, das eine mangelhafte Usability hat.
Dem Nutzer von Produkt A fällt die Bedienung leicht, weil er sie versteht. Das geht mit einem unveränderten Gefühl oder steigender Laune bei ihm einher. Der andere Anwender versteht nicht, wie Produkt B zu bedienen ist. Das frustriert ihn.
Dieses Erleben hat in der Regel Folgen. Die Gefühle bestimmen das Verhalten der Anwender auch noch nach der Nutzung. So schwärmt der Benutzer von Produkt A im besten Fall seinen Kollegen oder Freunden verkaufsfördernd von seiner positiven Erfahrung vor. Der Nutzer von Produkt B erzählt seine schlechten, verkaufsschädigenden Erlebnisse im Idealfall nicht weiter.
Doch die Verhaltensprägung durch die erlebte Produktnutzung geht noch weiter. Bei der nächsten Gelegenheit wird der Anwender von Produkt A, dieses ohne Bedenken wieder einsetzen. Der Nutzer von Produkt B zögert die erneute Nutzung hingegen hinaus. Typischerweise widmet er sich bevorzugt anderen Aufgaben. So begeht er auch Übersprungshandlungen wie sich einen Kaffee zu holen oder eine zu rauchen. In Summe sind diese Übersprungshandlungen Zeitfresser. Im schlimmsten Fall setzt er sich dafür ein, dass in Zukunft ein Konkurrenzprodukt genutzt wird.
Ihre Herausforderung besteht also darin, die Benutzer bei Ihren unterschiedlichen Bedürfnissen abzuholen, um ihnen ein positives Nutzererleben zu schaffen. Zeichnen sich Ihre Produkte durch eine hohe Usability aus, können Ihre Anwender diese ohne nachzudenken bedienen. Das vermeidet nach dem Verständnis der Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg das negative Gefühl der Unzufriedenheit bei den Nutzern.
User Experience Design ist mehr als Usability
Zusätzlich zur Usability erwächst eine positive User Experience aus den Inhalten. Während Usability fragt, wo User eine bestimmte Funktion suchen, fragt User Experience nach dem persönlichen Wert dieser Funktion.
Wäre Produkt B aus dem Beispiel von Oben ein Point-and-Click Adventurespiel, hätte der Anwender Spaß am Enträtseln, wie er vorwärts kommt. Nur wer die Enträtselung der Bedienung nicht als Ziel, sondern wie bei der Nutzung einer Anwendung als Weg betrachtet, den frustriert das Suchen.
Die bisherigen Beispiele machen eines deutlich. User Experience Design ist ein komplexes Unterfangen. Möchten Sie das Erleben Ihrer Nutzer gezielt gestalten, müssen Sie exakt verstehen,
- was ihre Nutzer antreibt (Motive),
- welche Ziele sie erreichen wollen (Anreize) und
- welche Auswirkung die Umwelt auf die Motivation und das Handeln der Anwender hat
Motive für User Experience Design
Fangen wir bei den Benutzern und ihren Bedürfnissen an. Jeder Nutzer hat bestimmte Motive, die entweder als zeitlich stabile Persönlichkeitseigenschaft oder temporär auftreten. Die wichtigste Erkenntnis der Motivforschung ist, dass in einem bestimmten Moment nur eines dieser Motive dominiert.
Wer das dominierende, stabile Motiv seiner Zielgruppe kennt, ist im Vorteil. Dieses Motiv ist der Bezugsrahmen für das Denken Ihrer Anwender von der Wahrnehmung Ihrer Produkte bis hin zum Umgang mit ihnen.
Motive sind die Basis menschlicher Motivation. Sie wirken in Ihren Benutzern als Denkfilter, so wie die rosarote Brille bei frisch Verliebten. Das bedeutet, dass Ihre Kunden und Nutzer zumeist nur das sehen und verarbeiten, was zu ihren Motiven (und ihren Zielen) passt.
Die hier gemeinten wissenschaftlich fundierten Motive haben nichts mit den Motiven zu tun, die Sie aus Krimis kennen. Welche Motive für die Gestaltung des Nutzererlebens zu berücksichtigen sind, erfahren Sie in unserem Artikel „Motive machen Ihre Software zu Umsatzmagneten“.
User Experience hängt am Ziel der Nutzer
Wie bereits angedeutet, sind Motive nicht gleich Motivation. Um Ihre Anwender zur Nutzung Ihres Produktes zu motivieren, muss es die richtigen Anreize bieten. Richtig sind in diesem Sinne all jene Funktionen, Begriffe und Farben, die zum dominierenden Motiv Ihrer Usergruppe passen.
Stellen Sie sich vor, ein Unternehmen entwickelt ein System zur Suche von Informationen. Dabei geht es implizit davon aus, dass die Anwender zuverlässige Informationen wünschen. Das dahinterstehende Motiv heißt Leistungsmotiv.
Fleißig optimiert das Unternehmen die Funktionen und das User Interface Design zur Suche von Informationen auf die Leistungsorientierten, stellt es fertig und bringt es auf den Markt. Doch der Erfolg bleibt hinter den Erwartungen zurück.
Um den Umsatz mit dem Produkt zu steigern, investiert das Unternehmen nun in Marktforschung. Dabei wird sehr schnell das dominierende Motiv der Zielgruppe deutlich. Wiedererwarten gibt in der Zielgruppe nicht das Leistungsmotiv den Ton an, sondern das Erregungsmotiv. Die Anwender suchen also nicht, weil sie die Informationen direkt anwenden wollen, sondern weil sie ihren Horizont erweitern wollen. Sie wollen Wissenswertes wie Trends oder ihnen bisher unbekannte Randthemen entdecken.
Ausgehend von dieser Erkenntnis werden von der Architektur, über die Funktionen bis hin zum User Interface Design Änderungen am Produkt vorgenommen. Die zweite Generation des Produktes übertrifft die Erwartungen des Herstellers.
Situatives Design für User Experience
Das Modell hinter diesem Beispiel wurde bereits vor über 70 Jahren von Kurt Lewin, einem der einflussreichsten, experimentellen Psychologen, erarbeitet. Nach seiner Feldtheorie ist menschliches Verhalten als eine Funktion aus Person und Umwelt zu verstehen.
Nach diesem Verständnis ist menschliche Motivation das Ergebnis eines Anreizes (z.B. Essen), der zu einem Motiv (z.B. temporär aktives Sicherheitmotiv aufgrund von Hunger) passt. Da auch stabile Persönlichkeitsmotive bei Menschen nachgewiesen wurden, können Sie Ihre Anwender nur durch die zu ihnen passenden, situativen Anreize motivieren.
Diesem Kerngedanken des User Experience Designs folgen die verschiedenen Teildisziplinen. Beispielsweise werden Ziele durch gamifizierte Produkte aufgewertet um mehr Nutzer zu begeistern.
User Experience Design ist die Gestaltung menschlichen Erlebens und Verhaltens 
Aus Sicht der Softwarepsychologie ist User Experience Design die Gestaltung des menschlichen Erlebens und Verhaltens durch die Organisation der Umweltsituation. Hier liegt Ihre Chance, da zu dieser Umwelt auch Ihr Produkt samt seiner Funktionen und dem User Interface Design gehört.
Bietet Ihr User Interface samt Funktionen situativ die motivierenden Anreize, erleben Ihre Nutzer hohe Zufriedenheit. Das macht Sie und Ihr Produkt außergewöhnlich erfolgreich.