Taugt der Analytic Hierarchy Process zur Anforderungspriorisierung?

Priorisierung von AnforderungenMethoden zur Priorisierung von Anforderungen in der Bewertung | Teil 4

In unserer Serie zur Priorisierung von Anforderungen haben wir bisher die Numeral Assignment Technique, den Binary Search Tree und seine Varianten sowie das Planning Game vorgestellt und deren Qualitäten bewertet.

In diesem Artikel betrachten wir den Analytic Hierarchy Process (AHP) mit seinen verschiedenen Abwandlungen. Dafür beschreiben wir wie gewohnt das Vorgehen bei dieser Priorisierungsmethode und verraten Ihnen,

  • wie zuverlässig die Methode ist,
  • wie ihre Akzeptanz bei den Stakeholdern ist,
  • wie schnell sie durchführbar ist und
  • für welche Menge von Requirements sie sich am besten eignet.

Anforderungen mit dem Analytic Hierarchy Process (AHP) priorisieren

Der Analytic Hierarchy Process (AHP) wurde von Thomas L. Saaty entwickelt. Er ersann diese Methode, um komplexe Entscheidungen wie die Priorisierung von Anforderungen zu unterstützen.

Im Prinzip basiert der Analytic Hierarchy Process auf dem Paarvergleich, bei dem stets nur zwei Optionen miteinander verglichen werden. Als Stammleser unserer Artikel kennen Sie den Paarvergleich bereits von der Binary Priority List als Verfahren mit ordinalen Daten.

Im Unterschied zu den normalen Verfahren des Paarvergleichs basiert der Analytic Hierarchy Process jedoch auf metrischen Daten. Dies liegt in seinem Vorgehen begründet, das der AHP auch seinen Namen gab:

1. Beim Analytic Hierarchy Process werden alle Anforderungen paarweise verglichen.

2. Für jedes Anforderungspaar ist auf einer neun-stufigen Skala zu bestimmen, um wie viel wichtiger die eine der beiden Anforderungen gegenüber der anderen ist. In der folgenden Grafik wird die Wichtigkeit der Anforderung A z. B. mit 6 (AB = 6) bewertet.

AHP Skala

3. Die unterlegene zweier Anforderungen bekommt automatisch den reziproken Wert. Ausgehend von der Grafik unter Punkt 2 erhält die Anforderung B den Wert 1/6 (BA = 1/6).

4. Nachdem jede Paarkombination bewertet wurde, ist die relative Priorität jeder Anforderung zu ermitteln. Diese berechnen Sie über den Eigenwert der Vergleiche.

Akzeptanz und Einsatzbereich des Analytic Hierarchy Processes

Die Akzeptanz des Analytic Hierarchy Processes weist im Vergleich zu anderen Priorisierungsmethoden ein uneinheitliches Bild auf.

Auf der einen Seite steht der AHP für eine hohe Akzeptanz wegen seiner zuverlässigen Ergebnisse. Diese kann jedoch bei manchen durch den Verlust der Kontrolle über den Priorisierungsprozess getrübt werden.

Auf der anderen Seite sinkt die Akzeptanz der AHP-Teilnehmer mit einer steigenden Menge an zu bewertenden Requirements. Daher ist der Analytic Hierarchy Process nur für eine kleine Menge von Requirements geeignet. Für 10 Requirements ist die Akzeptanz im Vergleich zu anderen Priorisierungsmethoden höchstens mittelmäßig, da bereits 45 Vergleiche (n * (n-1)/2) nötig sind.

Geschwindigkeit des Analytic Hierarchy Processes

Aufgrund der hohen Menge an Vergleichen ist der Analytic Hierarchy Process eine vergleichsweise langsame Methoden zur Anforderungspriorisierung.

Zuverlässigkeit des Analytic Hierarchy Processes

Dem Gegenüber zeichnet sich der Analytic Hierarchy Process durch eine hohe Zuverlässigkeit und Fehlertoleranz aus. Der AHP liefert hochwertige Informationen auf Basis seiner Daten und ermöglicht sogar eine Überprüfung der Datenkonsistenz.

Anforderungen mit dem Hierarchy AHP priorisieren

Eine Weiterentwicklung des Analytic Hierarchy Processes ist der Hierarchy AHP. Beim Hierarchy AHP dürfen nur Requirements auf demselben Level einer Hierarchie bzw. derselben Abstraktionsebene verglichen werden.

Angenommen, Sie möchten die Anforderungen „Brief öffnen“, „Brief speichern“ und „Serienbrief bearbeiten“ priorisieren. In diesem Fall ist auf einem Blick zu erkennen, dass „Serienbrief bearbeiten“

  • deutlich komplexer ist als die anderen genannten Funktionen und
  • Funktionen wie „Brief öffnen“ und „Brief speichern“ umfasst.

Level der Anforderungen

Demzufolge befindet sich „Serienbrief bearbeiten“ im Vergleich zu den anderen beiden Funktionen nicht auf demselben Level.

Der Vergleich von Anforderungen auf demselben Level reduziert die Menge der notwendigen Paarvergleiche drastisch. Das macht sich in einer schnelleren Durchführung bemerkbar. Leider ist die Hierarchy AHP auch Fehleranfälliger, weil die Menge redundanter Vergleiche reduziert wird.

Anforderungen mit dem Minimal Spanning Tree priorisieren

Ein anderer Ansatz die Menge der Paarvergleiche zu reduzieren, bietet der Minimal Spanning Tree. Dieser geht davon aus, dass die redundanten Bewertungen zur Überprüfung von Entscheidungsfehlern den AHP aufwendig machen und versucht diese zu reduzieren.

Minimal Spanning Tree

Angenommen Sie haben die Anforderungen A, B und C. Wenn Anforderung A als wichtiger als Anforderung B und Anforderung B als wichtiger als Anforderung C eingestuft wurde, dann wird auf den Vergleich der Anforderungen A und C verzichtet. Stattdessen wird einfach davon ausgegangen, dass Anforderung A wichtiger sei als Anforderung C.

Da das Denken von uns Menschen dieser Logik nicht immer folgt, erhöhen sich leider auch die Entscheidungsfehler. Das hat eine gesunkene Zuverlässigkeit der Priorisierungsergebnisse zur Folge.

Erfolgreiche Anforderungspriorisierungen berücksichtigen menschliche Denkfehler

Der Vorteil des Analytic Hierarchy Processes (AHP) gegenüber allen bisher bewerteten Methoden in unserer Serie besteht darin, dass auch menschliche Denkfehler berücksichtigt werden. Diese tragen sogar zur Zuverlässigkeit der Priorisierungsergebnisse bei.

Leider ist der AHP als verlässliche Methode zur Priorisierung von Anforderungen sehr aufwändig in der Durchführung. Darunter leidet auch die Akzeptanz bei den Teilnehmern.

Gefragt ist also eine Methode zur Priorisierung von Anforderungen, die zuverlässige Ergebnisse bringt, schnell durchführbar ist und den Teilnehmern Spaß macht. Wird die Methode, die wir in unseren nächsten Artikel bewerten, diese Anforderungen erfüllen?

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Die folgenden Beiträge aus unserer Serie über die Methoden der Anforderungspriorisierung könnten Sie auch interessieren:

2 Gedanken zu “Taugt der Analytic Hierarchy Process zur Anforderungspriorisierung?

  1. You mention that people fear losing control over prioritization process.

    There is a group of decision makers who do fear AHP and its structure…. those who are making decisions that support their own goals rather than the organization’s goals. AHP, or any other structured decision making process, will make that visible, so those folks tend to feel uncomfortable.

    AHP lets you build understanding and consensus in a structured way. It’s the discussion of „disagreements“ that makes the decision stronger and that builds buy-in. The decision makers still make the decision, but with better information.

    Oh, and AHP helps reduce the „politics“ involved in complex decisions. This frees the decision makers up to focus on the business issues — and the vast majority of the decision makers I talk to LOVE this fact.

  2. Thank you Stuart for sharing your experience with us. We totally agree with you and tryed to hit the spot with:

    „some people fear losing control over prioritization process.“

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