Einführung in die Szenariotechnik
Sie möchten herausfinden, ob Ihr Produkt in Zukunft erfolgreich sein wird? Niemand kann die Zukunft genau vorhersagen! Es gibt aber Hilfsmittel, mit denen Zukunftstrends ermittelt und bewertet werden können. Darauf aufbauend können Sie entsprechende Maßnahmen einleiten, um Ihr Produkt passend zu platzieren. Eine mögliche Technik möchten wir heute mit Ihnen diskutieren.
Wenn wir Menschen von der Zukunft sprechen, überlegen wir häufig, was eintreten mag und was nicht. Im Fokus steht hier beispielsweise Ihr Produkt. Welche Auswirkungen wird die eine oder andere Entwicklung auf Ihr Produkt haben?
Diese Überlegungen sind nichts anderes als Zukunftsszenarien. Sind diese formuliert, bewerten wir deren Plausibilität und wie wahrscheinlich sie eintreten werden. Darauf aufbauend können Vorbereitungen getroffen werden, wie auf mögliche Szenarien reagiert werden soll.
Dieses ursprünglich von Militärs entwickelte Vorgehen ist auch als Szenariotechnik bekannt. Sie lässt sich in mehrere Phasen teilen, die nacheinander durchlaufen werden.
Im Folgenden möchten wir Ihnen die einzelnen Phasen genauer beschreiben und anschließend Überlegungen anstellen, was wir daraus für unsere Produktentwicklung und -platzierung ableiten können.
1.Phase: Aufgaben- und Problemanalyse
Noch bevor Sie sich darüber Gedanken machen, welche Einflussfaktoren in Zukunft eine Rolle spielen, macht es Sinn zunächst den IST-Zustand zu erfassen. Wie macht sich Ihr Produkt zur Zeit? Füllt es eine Marktlücke?
Der erste Schritt ist also eine Aufgaben- und Problemanalyse. Bei dieser wird der Untersuchungsgegenstand genau festgelegt und beschrieben.
2.Phase: Identifizieren von Einflussfaktoren
Welche Faktoren auf den künftigen Erfolg Ihres Produktes Einfluss ausüben, ist nicht immer leicht zu bestimmen. Die Literatur spricht im Zusammenhang mit der Szenariotechnik meistens von Umweltfaktoren.
Gemeint sind damit das Gestaltungs-, Aufgaben-, Branchen- und Unternehmensumfeld. Beispiele für derartige Faktoren sind die Wettbewerbssituation, die Marktstruktur oder die Kundenstruktur in Ihrem Unternehmen.
3.Phase: Einflussanalyse
Nun haben Sie Ihre Liste an Faktoren, die den Erfolg Ihres Produktes in Zukunft beeinflussen können. Die Faktoren beeinflussen sich jedoch häufig auch gegenseitig. Es ist daher wichtig, die Vernetzung der Faktoren untereinander zu kennen, um eventuell eintretende kumulative Entwicklungen zu berücksichtigen. In der dritten Phase werden somit Fragen gestellt, wie: Hängt die Kundenstruktur Ihres Unternehmens von der Beteiligung der User während der Entwicklung ab?
Solche Einflussnahmen lassen sich am besten in einer Datenmatrix darstellen. Gleichzeitig dient dieser Schritt auch zur Priorisierung der Faktoren. Welches sind die Faktoren mit dem größten Einfluss auf den Erfolg Ihres Produktes?
Haben wir unsere Einflussgrößen ermittelt, gilt es sich außerdem ihrer möglichen Ausprägungen bewusst zu werden. An dieser Stelle können wir Faktorausprägungen auch bündeln, um unsere Datenmenge sinnvoll zu komprimieren. Beispielsweise hängt eine große Ausprägung des Faktor „Einkommen“ mit einer hohen Ausprägung des Faktor „Konsum“ zusammen.
4.Phase: Ermittlung und Ausformulierung von Szenarien
Haben wir alle möglichen Wechselwirkungen und Ausprägungen der Faktoren, so können wir diese in Szenarien verpacken. Szenarien sind kurze Geschichten. In unserem Fall ist Ihr Produkt der Hauptprotagonist, der sich in vielen verschiedenen Parallelwelten wiederfindet. Normalerweise werden diese nicht wie übliche Prosa ausgeschmückt, sondern bündig auf den Punkt gebracht.
Sind die Szenarien geschrieben, haben wir verständliche und leicht kommunizierbare Bündel unserer Faktorenausprägungen. Fast immer gibt es je ein Szenario, welches die möglichen Extrememausprägungen beschreibt. Ein sogenanntes Trendszenario ist auch enthalten. Es beschreibt die Situation, die wahrscheinlich eintreten würde, wenn gegenwärtige Tendenzen ohne weitere Beeinflussung weiter laufen. Die Anzahl an zu formulierenden Szenarien kann je nach Fragestellung jedoch stark variieren.
5.Phase: Szenarien interpretieren und Maßnahmen einleiten
In der letzten Phase der Szenariotechnik werden die ausgewählten Szenarien weiter untersucht. Es geht nun darum ihre geschätzten Eintrittswahrscheinlichkeiten zu ermitteln. Zudem macht es Sinn, die mit den jeweiligen Szenarien verbundenen Chancen und Risiken einander gegenüberzustellen. Daraus können dann Maßnahmen abgeleitet und frühzeitig auf mögliche Risiken eingegangen werden.
Ist die Szenariotechnik den Aufwand wert?
Eine derartige Trendanalyse ist natürlich sehr aufwendig. Daher mag die berechtigte Frage kommen, ob die Szenariotechnik für Ihr Produkt einen gangbaren Weg darstellt.
Ein großer Vorteil eines solchen Vorgehens liegt auf jeden Fall darin, dass anschließend alle Beteiligten verschriftlicht vor sich liegen haben, worum es geht. Die Gefahr, dass alle aneinander vorbei reden sinkt rapide.
Eine Frage des Fokus
Wir fragten uns allerdings auch, warum in der Literatur fast ausschließlich von Umweltfaktoren gesprochen wird. Es mag viele Fragestellungen geben, bei denen Gestaltungs- und Unternehmensumfeld vorrangige Einflussfaktoren sind.
Was ist aber, wenn im Fokus der Frage Ihr Produkt steht? Ist die Frage dann nicht, ob Ihr Produkt den Kunden auch in Zukunft erreicht? In diesem Fall gibt es unserer Meinung nach einen herausragenden Faktor, der in der Szenariotechnik schnell untergeht: Der Mensch!
Er ist unserer Meinung nach eine nicht zu vernachlässigende Einflussgröße. Das Produkt sollte für ihn einen Nutzen bringen, ihn also bei seinen täglichen Aufgaben helfen, seine Bedürfnisse befriedigen, bedienbar sein (Stichwort: Usability) und seinen Werten und Normen entsprechen. Und das auch in Zukunft!
Kognitive und affektive Einstellungen
Außerdem zeigen Untersuchungen, dass zwischen zwei Arten von Einstellungen bei Ihren Kunden zu unterscheiden ist: Zum einen existieren kognitive Einstellungen, die für den Erfolg Ihres Produktes auf jeden Fall vorhanden sein müssen. Zum anderen gibt es affektive Einstellungen, welche nur darauf aufbauend weiteren Gewinn bringen.
Vor diesem Hintergrund ist unserer Meinung nach der Aufwand fraglich, alle Faktoren miteinzubeziehen. Sind überhaupt alle relevanten Faktoren zu ermitteln? Vielleicht kommt am Ende der ausschlaggebende Anreiz für den Erfolg Ihres Produktes schlussendlich vom sprichwörtlichen Flügelschlag eines Schmetterlings?
Daher bedarf die Szenariotechnik für unseren Kontext wohl noch einen weiteren Schritt während Phase 2: Die Evaluierung der Relevanz möglicher Einflussfaktoren.
Ausschluss von Szenarien via Negativa
Durchläuft man die Phasen der Szenariotechnik im klassischen Sinne, so steht am Ende außerdem das Problem eine Unmenge an Zukunftsszenarien bewerten und einordnen zu müssen.
Gerade, wenn es um die Bewertung der Szenarien geht, gibt es allerdings reichlich Spielraum für Interpretationen. Für manch eine Fragestellung kann hier die Delphi-Methode als Ergänzung eine sinnvolle Lösung sein. Doch stellt diese nicht gerade eine Vereinfachung des Prozesses dar.
Geht es darum den Erfolg Ihres Produktes zu erahnen, kann die Lösung auch viel einfacher sein: Möglicherweise macht es Sinn sich schlicht zu überlegen, unter welchen Bedingungen unser Produkt KEIN Erfolg haben wird.
Niemand weiß, was uns die Zukunft wirklich bringt. Durch User Experience Tests können wir jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit erkennen, welche Eigenschaften Ihres Produktes die User ablehnen. Sobald diese unerwünschten Eigenschaft ausgeschlossen sind, haben Sie alles in Ihrer Macht stehende getan, Ihr Produkt für die Zukunft fit zu machen!
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